GFK nur für mich, aber gleichzeitig für ...

geschrieben von STEPHAN FREILINGER

Nonviolent COMMUNICATION: A Language of Life
Marshall B. Rosenberg

1 The concrete actions we observe that affect our well-being.
Die konkreten Aktionen die wir beobachten, welche unser Wohlbefinden beeinflussen.

2 How we feel in relation to what we observe.
Wie wir uns in der beobachteten Situation fühlen

3 The needs, values, desires, etc. that create our feelings.
Die Bedürfnisse, Werte, Sehnsüchte, usw. die unsere Gefühle begründen.

4 The concrete actions we request in order to enrich our lives.
Die konkreten Aktionen, um die wir bitten , um unser Leben und das Leben der anderen zu bereichern.

Mein Interesse und meine Neugier für Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall B. Rosenberg, im Englischen Nonviolent Communication (NVC), wurde durch meinen Bruder Walter geweckt. Erst als ich mich intensiver mit dem Buch „Nonviolent COMMUNICATION: A Language of Life“ beschäftigte, wandelte sich ein großer Teil meiner Skepsis gegenüber GFK, in Bewunderung für den Meister der Kommunikation Marshall B. Rosenberg. Diesen Post über GFK schreibe ich nur für mich, aber gleichzeitig für die ganze Welt. Die Maxime, nach der man etwas nur für sich selbst, aber gleichzeitig für die ganze Welt abliefert, habe ich von Manuel Rubey in seinem Buch „Der will nur spielen“ abgeschaut. Durch das Schreiben schärfe ich meinen Fokus und schöpfe meinen persönlichen Nutzen. Vielleicht gelingt es sogar durch das Schreiben, dass mein Leben noch wundervoller wird. Marshall B. Rosenberg hat sich mit seinem GFK-Konzept, entschlossen die Welt durch empathisch-kommunikativen Flow wundervoller zu machen. Der amerikanische Psychologe Rosenberg wurde u.a. von Ghandis gewaltfreiem Ansatz und vom Psychotherapeuten Carl Rogers, der großen Wert auf Empathie und die Kunst des aktiven Zuhörens legte, beeinflusst.

Angetrieben und beflügelt durch seine persönliche Mission, der Gewalt und den Konflikten auf der Welt soziale Neugier und Empathie entgegenzusetzen, entwickelte sich Rosenberg vom Bad Boy und Schlägertypen zu einem inspirierenden Vorbild. Auch ohne soziale Medien ging Rosenbergs GFK viral und nahm globalen Einfluss. So wurde Rosenberg zu einem bedeutenden Influencer und einem Botschafter des Friedens.

Die Basis für GFK ist sowohl Empathie als auch die Fähigkeit in fordernden und heiklen Situationen Mensch zu bleiben. Entscheidend ist dabei zu erkennen, welche Bedürfnisse und Gefühle ein bestimmtes Verhalten begründen. Der Ansatz kann nur funktionieren, wenn man auch mit sich selbst achtsam, liebevoll und gewaltfrei umgeht. Nur wenn man seine gewaltfreie Balance findet und präsent ist, kann erkannt werden, welche Gefühle und Bedürfnisse dem freudschen Eisberg zugrunde liegen. Dann kann es gelingen, das Eis zu brechen und gemeinsam zu fließen.

Wie beim Kommunikationsquadrat bzw. 4-Ohren-Modell nach Friedemann Schulz von Thun wird auch bei der GFK zwischen dem Sender einer Nachricht und dem Empfänger unterschieden. Wer an diesem Modell interessiert ist, kann durch folgenden Link mehr erfahren: 4-Ohren-Modell

Im GFK-Prozess geht es für den Sender zunächst darum, ein bestimmtes Verhalten in einer Situation zu beschreiben und zu erläutern, wie sich das anfühlt. Basierend auf den Bedürfnissen soll dann eine Bitte formuliert werden, die das Leben des Senders wundervoller machen kann. Nur wenn sich die gebetene Person frei und ohne Druck entscheiden kann, ist es eine Bitte. Wird (emotionaler) Druck ausgeübt, dann handelt es sich nicht mehr um eine gewaltfreie Bitte, sondern um eine Forderung. Etwas zu fordern, entspricht nicht dem GFK-Konzept.

Für den Empfänger gilt es, richtig gut zuzuhören, und zwar nicht nur mit den Ohren, um einen empathischen Draht herzustellen. Es wird versucht zu erkennen, was hinter der Fassade an Gefühlen und Bedürfnissen steckt und wie man die Welt des Senders wundervoller machen könnte. Um zu erkennen, was hinter den Worten steckt, macht es Sinn über eigene Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen, um das Eis zu brechen bzw. zum Schmelzen zu bringen. So wird der Sender zum Empfänger und der Empfänger zum Sender. Das ist es, was Kommunikation ausmacht, auch wenn das jetzt banal klingen mag.

Weniger auf die tatsächlichen Worte zu achten, um sich verstärkt auf das, was dahintersteckt zu konzentrieren, ist ein großartiges Rezept für gewaltfreie, von Herzen kommende, Kommunikation. Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz des GFK-Rezepts, ist dessen flexible Anwendung und die Erkenntnis, dass Zuhören wichtiger ist als die eigene Agenda durchzubringen. Steven R. Covey brachte es in einer seiner empfohlenen 7 Gewohnheiten auf den Punkt: „Seek first to understand, then to be understood." (= Versuche zuerst zu verstehen und erst danach verstanden zu werden.)

Durch ehrliches Interesse an der Person und deren Verhalten kann die Basis für gegenseitigen kommunikativen Flow hergestellt werden. Dann kann es auch mit der Bitte klappen, deren Erfüllung die Welt wundervoller machen kann, wobei die Verantwortung für persönliches Glück und Zufriedenheit nie abgegeben werden darf. Sein persönliches Glück schmiedet man sich selbst. Jemand anderem wie etwa den Eltern, den Lehrern, den KollegInnen oder gar einer Institution wie dem AMS die Schuld für das eigene Unglück zu geben, ist menschlich. Wer nachhaltig darauf besteht, nicht für das eigene Unglück und für seine Gefühle verantwortlich zu sein, wird traurigerweise Recht behalten. Nach Marshall B. Rosenberg kann man entweder Recht haben oder glücklich sein: Beides zusammen geht sich nicht aus.

Was sich, meiner Ansicht nach, auch nicht (immer) ausgeht ist GFK für die Zwecke der Pädagogik einzusetzen. So bin ich als Trainer für den Turnverein für die Sicherheit der Kinder, die ich trainiere, verantwortlich. Um die Sicherheit zu gewährleisten, ist Disziplin erforderlich. Ohne Disziplin gibt es Chaos und durch Chaos Verletzungen.

Zudem müssen Kursregeln eingehalten werden. Sich gegenseitig zu hauen, geht gar nicht. Das ist etwas, das ich mit aller Bestimmtheit fordere. Wenn ein Kind konsequent die Kursregeln missachtet, kann dies zum Ausschluss führen. Es liegt mir sehr am Herzen, dies zu vermeiden. Durch das gemeinsame Training, das die Kinder auch mitgestalten können, wird die Gruppe im Idealfall zu einer bewegten, vergnügten und friedvollen Clique, bei denen sich jeder und jede über den Erfolg der anderen freut. Da ist es dann gar nicht mehr stimmig, sich zu hauen oder zu zwicken.

Auch beim Klettern auf einen Berg stößt man an die Grenzen von GFK. Manche Beziehungen sind asymmetrisch. Der- oder diejenige mit der größeren Bergerfahrung muss die Führung übernehmen und mit aller Bestimmtheit, Konsequenz und auch mit Emotion alarmieren, wenn Gefahren drohen und wenn das Verhalten am Berg die eigene Sicherheit und die Sicherheit anderer gefährdet. Marshall B. Rosenberg spricht in diesem Zusammenhang in seinem Buch von „Protective Use of Force“. Es wird mit aller Macht versucht zu beschützen. Da geht es nicht mehr darum eine Bitte zu formulieren.  Natürlich macht trotzdem der Ton die Musik. Im Notfall muss der Ton aber laut sein, um Hals- und Beinbruch und diverse andere Brüche zu vermieden.

Auch bei der Erziehung der eigenen Kinder sollte man sich nicht ausschließlich auf GFK verlassen. Auch Belohnungen und Bestrafungen können sinnvoll sein; insbesondere, wenn sie vorher mit den Kindern abgesprochen werden, denn mit Angeboten und der Formulierung von Bitten alleine, wird man nicht immer erfolgreich sein.

Bei den Bestrafungen ist körperliche Gewalt und Züchtigung selbstverständlich ausgenommen. Prügeln ist keine Lösung!!! Auch verbale Gewalt und Einschüchterung ist keine Lösung!!! Auch zu viele Rufzeichen sind selbstverständlich keine Lösung! Seid also sparsam bei deren Verwendung!!! Wenn ich ein E-Mail mit recht vielen Rufzeichen erhalte, dröhnt es in meinen Ohren!!!!

Auch bei der innerbetrieblichen Weiterbildung, kann es sinnvoll sein, Angebote an Bestrafungen zu koppeln. So hat das Erwachsenenbildungsinstitut WIFI vor Jahren ein Pfand von EUR 100 für die grundsätzlich kostenfreie interne Weiterbildung der TrainerInnen eingeführt. Für den Fall, dass es die zur Weiterbildung angemeldeten TrainerInnen ohne veritable Begründung nicht zum Kurs schaffen, bleibt das Pfand beim WIFI. Ich verstehe diese Maßnahme vollkommen und kann mir gut vorstellen, dass sich das Verhältnis von den Anmeldungen zur tatsächlichen Teilnahme verbesserte, obwohl es bei mir persönlich bei einem Kurs, bei dem es ums Märchenerzählen gegangen wäre, nicht half.

Obwohl der GFK-Prozess, meines Erachtens, nicht immer anwendbar ist, möchte ich ihn immer öfter verwenden. Es macht mich schon neugierig, wenn ein junger Erwachsener in einem AMS-Projekt ankündigt, mir in die Fresse zu hauen. Was steckt dahinter? Welche Gefühle und Bedürfnisse stecken dahinter? Ist es möglich durch empathische und gewaltfreie Kommunikation das Eis zu brechen oder sanft zu schmelzen, mit oder ohne Tränen, um gemeinsam zu fließen, um von Herz zu Herz zu kommunizieren?

Marshall B. Rosenberg hat sein Modell immer wieder in beeindruckender Manier und mit großem Erfolg in heiklen Situationen und Konflikten zum Einsatz gebracht. Dafür benötigte er viel Lebenserfahrung und spirituelle Reife. Angetrieben und beflügelt durch seine sinnerfüllende Passion hielt er rund um den Globus eine Vielzahl an Workshops, um sein Wissen weiterzugeben.

Der Vergleich mit Jesus drängt sich bei mir auf. Auch Jesus gab sein Wissen weiter und versuchte sich auf den Menschen hinter der teilweise feindseligen Fassade zu konzentrieren, um diesen zu lieben. In Thomas Brezinas Bibel in Reimen formuliert es der Autor im Kapitel zur Bergpredigt wie folgt: „Menschen zu lieben, die Liebe uns geben“, sagte Jesus, „machen alle gerne im Leben. Groß aber ist jeder, der es auch schafft, seine Feinde zu lieben, denn dafür braucht’s Kraft.“

Recht ähnlich ist ein zentraler Leitsatz von Mahatma Ghandi: „But the truly noble know all men are one and return with gladness good for evil done.” Den wahrhaft großherzigen Menschen ist also bewusst, dass alle Menschen eins und somit liebenswert sind. Mit Freude tun sie Gutes, auch wenn ihnen Schlechtes widerfährt.

Man braucht also Kraft, um seine Feinde zu lieben. Wenn es gelingt, den Menschen hinter dem feindseligen Verhalten zu erkennen, wird auch die Bezeichnung Feind entbehrlich. Diese Kraft kann man nur aufbringen, wenn man (auch) auf sich selbst schaut. Jesus bringt es auf den Punkt: „Liebe dich selbst wie deinen Nächsten!“

Empathie ist eine Art von Liebe, die nur gegeben werden kann, wenn man mit sich selbst empathisch umgeht. Durch eine verbale Attacke kann die emotionale Balance gestört werden, was leicht zu einem verbalen Gegenschlag und in weiterer Folge auch zu körperlichen Schlägen führen kann. Durch Selbst-Empathie kann die emotionale Balance wiedererlangt und zermürbendes Hickhack oder Schlimmeres vermieden werden.

Durch die Selbst-Empathie kommt es zu einer Zentrierung und zur Wiederherstellung der Balance. Wie in der friedvollen japanischen Kampfkunst Aikidō gilt es Körper und Geist in Einklang zu bringen. Eine ruhige Atmung und der Fokus auf das Kraftzentrum ca. 5 Zentimeter unterhalb des Nabels spielen hier eine wichtige Rolle. Ist man auf diese Art wieder zentriert, kann ein empathischer Draht zur „GegnerIn“ hergestellt werden, um gemeinsam zu fließen. Gemeinsames Fließen ist Aiki: So wird es im Buch „Aikidō in Everyday Life” von Terry Dobson and Victor Miller beschrieben. Es wird aber nicht nur Aiki als Handlungsalternative für Konflikte erwähnt: Nach Terry Dobson and Victor Miller kann es z.B. auch Sinn machen zu kontern oder sich zurückzuziehen oder auch gar nicht zu reagieren. Immer öfter gemeinsam mit Mitmenschen zu fließen, ist ein schönes Ziel. Immer und bei allen Mitmenschen geht sich das bei mir aber nicht aus. Dafür fehlt mir die spirituelle Reife und auch das Charisma der großen Influencer Jesus, Ghandi und Marshal B. Rosenberg. Es ist auch gar nicht mein Ziel, immer zu erkennen welche Bedürfnisse und Gefühle hinter einem aggressiven und verletzenden Verhalten stecken. Aus meiner Sicht muss man mit seiner Empathie, seiner Zeit und Energie sorgsam umgehen. Nicht bei jeder Person, die Arschlochverhalten an den Tag legt, ist es mir wichtig zu erkennen, welche Bedürfnisse und Gefühle dahinterstecken.

Ich bin auch nicht bereit, immer die andere Wange hinzuhalten für den Fall, dass ich schon eine Watsche eingefangen habe. Da halte ich mehr von der Selbstverteidigungskunst Aikidō. Da wird die Energie der "GegnerIn" genutzt, um sich zu verteidigen. Es wird aber auch darauf geachtet, dass die PartnerIn sich nicht verletzt. Dafür braucht es Zentriertheit, Balance, gute Energie und Achtsamkeit. Diese kraftvolle Zentriertheit kann zwischendurch verloren gehen. Das ist menschlich. Durch stetiges körperliches und mentales Training fällt es leichter die Balance zu halten oder wiederzuerlangen.

Achtet also auf euch, macht viel Bewegung oder Sport, unbedingt auch Krafttraining mit oder ohne Gewicht, powert euch regelmäßig aus, macht Yoga oder achtsames Stretchen, wenn euch das leichter fällt, habt Spaß an der Bewegung, hört nicht auf Räder zu schlagen, beginnt mit einem Wochenbuch, falls es mit dem Tagebuch nicht klappt, und fangt an zu lesen oder beginnt (wieder) damit: Versucht es mit „Nonviolent COMMUNICATION: A Language of Life“ von Marshall B. Rosenberg. Es kann, zusammen mit vielen anderen Büchern wie z.B. „Der will nur spielen“ von Manuel Rubey oder "50 Sätze, die das Leben leichter machen" von Karin Kuschik, helfen, deine und unsere Welt wundervoller zu machen. Bleibt neugierig und hört nicht auf zu wachsen!

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